Was ist nun eigentlich Hypnose und was ist Suggestion?

Man muß zugeben, daß eine genaue Definition noch immer schwierig ist, obwohl man ihre Phänomene inzwischen gut kennt. Die wahre Natur der Hypnose im Sinne einer gültigen Theorie ist auch heute noch unbekannt. Man hat jedoch festgestellt, daß es zwischen dem Wachzustand und dem Schlaf so etwas wie ein »halbes Bewußtsein« gibt.

In diesem Zustand sind die körperlichen Funktionen herabgesetzt, während die geistigen aktiviert sind. Die British Medical Association definiert die Hypnose wie folgt: »Die Hypnose ist ein vorübergehender Zustand veränderter Aufmerksamkeit beim Patienten, ein Zustand, in dem verschiedene Phänomene spontan oder als Reaktion auf verbale und andere Reize auftreten können.
Diese Phänomene umfassen eine Veränderung des Bewußtsein und des Gedächtnisses, gesteigerte Empfänglichkeit für Suggestionen, Antworten und Gedanken beim Patienten, die ihm in seinem gewohnten Geisteszustand nicht vertraut sind.
Unter anderem können im hypnotischen Zustand Phänomene wie Anästhesie, Paralyse, Muskelstarre und vasomotorische Veränderungen hervorgerufen und unterdrückt werden.

Fremdhypnose - Selbsthypnose

Im Vorgang der Fremdhypnose (Heterohypnose) wird eine von außen kommende Vorstellung (Suggestion) an den Menschen herangetragen und von ihm angenommen. Bei der Selbsthypnose (Autohypnose) wird eine Vorstellung von ein und demselben Menschen erzeugt und angenommen. Ohne Annahme, ohne Billigung der Vorstellung ist eine Wirkung ausgeschlossen.
Deshalb ist, wie viele Autoren betonen (so auch L. M. LeCron), im Grunde jede Hypnose Selbsthypnose bzw. Autosuggestion. Die Vorstellung kann durch häufige Wiederholung zu einem bedingten Reflex und damit zum Teil seiner eigenen Persönlichkeit werden. Wichtig für eine dauerhafte Wirkung ist also die Wiederholung.

Das Punktreflex-Gesetz

Nach dem »Pawlowschen Punktreflex-Gesetz« führt jeder intensive andauernde oder monoton sich wiederholende Reiz, der durch entsprechende Nervenbahnen einen bestimmten Punkt der Hirnrinde erreicht, früher oder später zu einer zwangsartige Schläfrigkeit, vorausgesetzt, daß seine Wirkung nicht durch einen anderen, intensiveren Reiz gestört wird.
Deshalb sollte man die Hypnose möglichst in einem etwas ab gedunkelten ruhigen Raum durchführen, damit andere Reize möglichst abgeschaltet sind. Wird nun ein hypnogener Reiz durch mehrfach wiederholte Anwendung so eingespielt, kann die Wirkung später jederzeit blitzschnell wiederholt werden.

Blitzhypnose

Es kommt dann zu der sogenannten »Blitzhypnose«. Tatsächlich bewirkt aber nicht der Hypnotiseur die Hypnose, sondern der Hypnotisierte versetzt sich selbst in Hypnose, nachdem der Hypnotiseur in ihm die Vorstellung von dem Einsetzen der Hypnose erzeugt hat. Die Hypnose tritt dann ein, weil der Hypnotisierte sie erwartet.
Absolute Voraussetzung für die Hypnose ist nicht nur die Zustimmung der Versuchsperson, sondern sie muß vor allem zutiefst davon überzeugt sein, daß der Hypnotiseur nur ihr Bestes will. Diese vertrauensvolle Erwartung der Versuchsperson, daß der Hypnotiseur zu ihrem Wohl handelt, bestimmt die Wirksamkeit der Hypnose. Bevor man eine Hypnose einleitet, sollte man also in einem vorbereitenden Gespräch einen Kontakt zur Versuchsperson herstellen, der eine Atmosphäre des Veständnisses und der Sympathie schafft.

Wirkungen

Die Hypnose hat tiefgreifende Wirkungen auf den gesamten Organismus. So lassen sich in der Hypnose die Atmung und Pulsfrequenz verlangsamen oder beschleunigen. Außerdem können unter anderem folgende Funktionen beeinflußt werden: die Magensaftsekretion, die Schweißabsonderung, Husten, Erbrechen, Gähnen, Niesen, sexuelle Funktionen, die Menstruation, der Grundumsatz, die Pupillenweite, die Urinabsonderung und der Stuhlgang. 
Außerdem können in der Hypnose negative und positive Sinnestäuschungen erzeugt werden.

Eingeengte Bewußtseinslage

Spricht man von Hypnose, dann denkt man zumeist an einen Schlafzustand, den sogenannten hypnotischen Schlaf. Äußerlich gleicht der hypnotische Zustand auch meist einem leichten Schlaf, aber tatsächlich bestehen große Unterschiede. Die Hypnose ist ein Zustand eingeengter Bewußtseinslage, aber innerhalb dieses begrenzten Bewußtseinskegels können alle Schattierungen zwischen Schläfrigkeit und Überwachheit vorkommen.
Nach der Vorstellung von Pawlow werden stets nur einzelne Hirnteile gehemmt bzw. ausgeschaltet, nie aber alle. Durch Vermittlung des kapillaren Gefäßsystems werden die höheren Hirnzentren in ihrer Funktion verringert, so daß die Tiefenperson ein Übergewicht bekommt. Zwar besteht wegen der gesenkten Bewußtseinsschwelle eine gewisse Verwandtschaft zum Schlaf, aber nie eine vollkommene Analogie, es sei denn, daß die Hypnose in Schlaf übergeht.

In der Hypnose wechseln ständig Hemmungen und Erregungen in den verschiedenen Bereichen des Gehirns, wobei die Hemmungen gegenüber dem Wachzustand überwiegen, während im Wachen die Erregungen überwiegen. Nach Pawlow beruhen innere Hemmung, Schlaf und Hypnose auf dem gleichen physiologischen Vorgang; denn auch während des Schlafs schläft kein einziges Gebiet der Hirnrinde vollkommen. Der Zustand des Schlafes unterscheidet sich vom hypnotischen Schlaf durch folgende Kriterien:

In der Hypnose besteht: 

  1. erhöhte Aufmerksamkeit auf eine gegebene Suggestion
  2. der Patient hört jedes Wort und Geräusch
  3. er ist geringgradig kritisch
  4. sein Bewußtsein ist eingeengt, aber wach
  5. die zeitliche und örtliche Orientierung ist vorhanden
  6. das Erinnerungsvermögen besteht weiter, wenn nicht ausdrücklich eine Aufhebung suggeriert wurde
  7. der Hypnotisierte ist ansprechbar

Im Schlaf dagegen besteht:

  1. keine Aufmerksamkeit
  2. die Reizaufnahme ist praktisch blockiert
  3. es besteht keine kritische Stellungnahme
  4. das Bewußtsein ist blockiert
  5. es besteht keine Orientierung
  6. das Erinnerungsvermögen ist blockiert
  7. der Schläfer ist nicht ansprechbar
In der Hypnose ist das Bewußtsein im wesentlichen auf den Hypnotiseur gerichtet. Diesen Kontakt nennt man »Rapport«. Während also die Umweltreize in den Hintergrund treten, tritt das, was der Hypnotiseur sagt, in den Vordergrund des Bewußtseins und wird daher besonders intensiv aufgenommen. Bei diesem Kontakt ist die Kritikfähigkeit zwar deutlich verringert, aber trotzdem vorhanden.
Das zeigt sich deutlich, wenn der Versuchsperson eine Suggestion gegeben wird, die außerhalb ihrer Persönlichkeitsstruktur liegt, z. B. die Suggestion, sich zu entkleiden oder auf einen anderen zu schießen. In diesem Fall bricht die Hypnose sofort zusammen, und die Versuchsperson ist hellwach.

Fakten zur Hypnose

Halten wir also noch einmal fest:
  1. Hypnose hat nichts mit Magie oder übernatürlichen Vor gänge zu tun
  2. Hypnose ist nicht gleichbedeutend mit künstlicher Einschläferung. Sie variiert stark in ihren Symptomen und ist von der Persönlichkeit des Hypnotiseurs und von den verwendeten Methoden abhängig.
  3. Hypnose ist nicht gleichbedeutend mit Suggestion, ob woh sie die Suggestibilität deutlich erhöht.
  4. Mit Hilfe der Hypnose kann man nicht nur funktionelle Krankheiten beeinflussen, sondern auch schwere organische Störungen, und zwar im positiven wie im negativen Sinne.
  5. Der erreichte Grad der Hypnose sowie der hypnosuggesti Beeinflussun hängt im hohen Grad von der gesamten nervlichen Situation des Hypnotisierten ab, und zwar ins besonder von seiner Psychoaktivität oder Psychopassivität.
  6. In der Hypnose können fast beliebige Sinnestäuschungen suggeriert werden, und zwar positive ebenso wie negative.
  7. Hypnose und Schlaf sind nicht identisch; die Hypnose ist jedoch, ebenso wie der Schlaf, Bestandteil jeden menschlichen und tierischen Lebens.
  8. Jeder, der schlafen kann, kann auch hypnotisiert werden, lediglich die Tiefe und die Symptome der Hypnose sind individuell verschieden.
  9. Die Hypnose ist kein Allheilmittel, aber in der Hand des erfahrenen Hypnotherapeuten eine wunderbare Möglichkeit, anderen zu helfen.